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Bramante und St. Peter: eine kurze Einführung

Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Planungs- und Baugeschichte St. Peters von Bramante bis Bernini

Alt-Sankt-Peter

Rekonstruktion von Alt-St.-Peter (Brewer))

Alt-St. Peter

Alt.-St. Peter, der Vorgängerbau der heutigen Peterskirche, ist eine Gründung des römischen Kaisers Konstantin. Er ließ die Basilika ab ca. 324 nach Christus auf dem Gelände einer antiken Nekropole über dem Grab des heiligen Petrus errichten.

Rekonstruktion des Nikolausprojekts (Urban)

Rekonstruktion des Nikolausprojekts (Urban)

Die Vorgeschichte

Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts nahm Papst Nikolaus V. (1447-55) entscheidende Veränderungen an der über tausend Jahre alten Anlage der Peterskirche vor. Westlich der alten Apsis wurden die gewaltigen Grundmauern eines neuen Chors gelegt. Die Arbeiten wurden jedoch bald eingestellt, und das Vorhaben ruhte, bis es unter Paul II. (1464-71) fortgeführt wurde, ohne jedoch weit zu gedeihen. Es folgten mehr als 30 Jahre erneuten Stillstands. So fand Julius II. bei seinem Amtsantritt 1503 die unversehrte Kirche mit der westlich vorgelagerten Baustelle vor.

Michelangelos Juliusgrab: Rekonstruktion des Projekts von 1505 (Bredekamp/Klodt)

Michelangelos Juliusgrab: Rekonstruktion des Projekts von 1505 (Bredekamp/Klodt)

Das Juliusgrab

Im Zusammenhang mit der Idee des Papstes, sich bereits zu Lebzeiten ein monumentales Grabmonument entwerfen und errichten zu lassen, fiel wohl schließlich im Frühjahr 1505 die Entscheidung, die Peterskirche von Grund auf neu zu errichten. Während Michelangelo, dem die Ausführung des Grabmals oblag, in Carrara weilte, um Marmor zu beschaffen, überschlugen sich in Rom die Ereignisse: Ein unerhört fruchtbarer aber auch hektischer Planungsprozess begann. Geleitet von verschiedensten Ideen und auch Vorgaben stellte sich Bramante der größten Herausforderung seines Architektenlebens. Bramante brachte aus Mailand einen Korb von Eindrücken und Erfahrungen aus praktischer Bautätigkeit mit nach Rom, schulte sich erneut an den Bauwerken der Antike und fand mit den Großprojekten für Papst Julius II. schließlich zu einer neuen künstlerischen Form. Als metaphorischer Leitgedanke seiner St.-Peter-Planungen ist überliefert, dass er die Kuppel des Pantheons auf die Gewölbe des Friedenstempels (die Maxentiusbasilika) setzen wollte.

Gründungsmedaille von Caradosso von 1506

Gründungsmedaille von Caradosso von 1506 mit der Fassade des Neubauprojekts

Erste Ideen

Egidio da Viterbo berichtet von einem ersten Vorhaben Bramantes. Dieser habe dem Papst vorgeschlagen, den Neubau nicht mehr in der althergebrachten Weise von Ost nach West zu konzipieren, sondern den Eingang zu verlegen, um den Neubau auf den vatikanischen Obelisken auszurichten, der damals noch südlich der alten Basilika emporragte. Der Papst lehnte den Vorschlag ab, da er die dafür nötige Verlegung des Petrusgrabes nicht zulassen wollte. Die Beweggründe Bramantes liegen auf der Hand: Man vermutete im Obelisken die Asche Julius Caesars, an den sich der Papst schon durch seine Namenswahl anlehnt: der alte und der neue Julius. Zudem wären mit einer möglichen Umorientierung der Kirche auch praktische Vorteile verbunden gewesen, die Bramante ebenfalls bewogen haben könnten den Vorschlag zu unterbreiten: Nicht der Westteil Alt-St.-Peters – also der Chor – hätte zuerst abgetragen werden müssen, sondern das alte Langhaus. Damit wären eine weitere Nutzung des Chors und der Schutz des Petrusgrabes während der Baumaßnahmen gewährleistet gewesen.

Bramantes Entwurf für die Kuppel, Serlio 3. Buch

Bramantes Entwurf für die Kuppel, Serlio 3. Buch

Der Baubeginn

Am 18. April 1506 wurde der Grundstein für den Neubau gelegt. In diesen wurden Gründungsmedaillen eingelassen, die eine Ansicht der Fassade zeigen. Nicht überliefert ist, nach welchem genauen Plan Bramante den Neubau errichten wollte. Die Quellen sprechen von einem Holzmodell, das Bramante angefertigt habe, das aber bis zu seinem Tod 1514 unvollendet geblieben sei. Was uns erhalten ist, sind eine ganze Reihe von Entwürfen Bramantes und seiner Mitstreiter/Konkurrenten, die sich heute vorwiegend in der Sammlung der Uffizien in Florenz befinden. Anhand dieser Grund- und Aufrissstudien versucht die St.-Peter-Forschung im Abgleich mit schriftlichen Überlieferungen seit fast 150 Jahren den Planungs- und Bauverlauf nachzuzeichnen und Bramantes Ausführungsprojekt zu rekonstruieren: Die unterschiedlichen Thesen der Forschung sind mannigfaltig und kontrovers.

Bauaufnahme von ca. 1515, Codex Coner fol. 31

Bauaufnahme von ca. 1515, Codex Coner fol. 31

Der Neubau

Der Bau schritt zunächst rasch voran. Bis zu Bramantes Tod 1514 standen die vier gewaltigen Kuppelpfeiler mit den Gurtbögen, über den alten Fundamenten Nikolaus V. war ein neuer Chor errichtet und die ersten Konterpfeiler ragten aus dem Boden. Eine Grundrissaufnahme von ca. 1515 vermittelt einen Eindruck des Gebauten (siehe Abbildung). Dieser Baubefund ist mit den uns überlieferten Zeichnungen Bramantes nicht in Übereinstimmung zu bringen. Es ist offensichtlich nach Baubeginn zu einem Planwechsel gekommen, den zu rekonstruieren, eine der Hauptaufgaben der St.-Peter-Forschung darstellt.

Raffaels Entwurf für St. Peter, Serlio 3. Buch

Raffaels Entwurf für St. Peter, Serlio 3. Buch

Raffael

Nach dem Tod Bramantes 1514 gingen die Planungen unter seinem Nachfolger Raffael in eine neue Runde. Ihm zur Seite standen Fra Giocondo und Giuliano da Sangallo, später dann Antonio da Sangallo der Jüngere. Raffael hat auf den Grundlagen der Planungen Bramantes für Leo X. ein Langhausprojekt entworfen, das uns durch Serlio im Grundriss überliefert ist. Praktischer Baufortschritt ist unter Raffaels Leitung kaum zu verzeichnen.

Peruzzis Entwurf für St. Peter, Serlio 3. Buch

Peruzzis Entwurf für St. Peter, Serlio 3. Buch

Peruzzi

Nach dem Tod Raffaels 1520 übernahm Antonio da Sangallo der Jüngere das Amt des Petersbaumeisters, zweiter Architekt wurde Baldassare Peruzzi. Er kehrte zunächst zum Zentralbau zurück. Sein Entwurf ist uns wiederum durch Serlio überliefert. Eventuell war Peruzzi bereits unter Bramante in die frühen Planungen involviert. Spätere Entwürfe Peruzzis führen nach der Katastrophe des Sacco di Roma von 1527 erheblich reduzierte Raumprogramme vor.

Das begehbare Holzmodell Antonio da Sangallos d. J.

Das begehbare Holzmodell Antonio da Sangallos d. J.

Antonio da Sangallo der Jüngere

Unter Antonio und Peruzzi kam es am realen Bau kaum zu Fortschritten: der Schwerpunkt lag mehr in der Planung als in der Umsetzung. Ab 1538 war Antonio alleiniger Petersbaumeister. Von 1539-1546 entwickelte er einen Zentralbau mit Umgängen, ein „Mischwesen“ aus Zentral- und Langhausbau. Diesen Plan ließ er in ein großes Holzmodell umsetzen, das noch heute erhalten ist. Es ist 7,36 m lang und 4,68 m hoch. Statt den realen Bau ein Stück voranzubringen hat Antonio seine Idee der Peterskirche zur Gänze verwirklicht, wenn auch nur im Modell. Horst Bredekamp spricht in diesem Zusammenhang sehr treffend von „Holzfetischismus“ …

Michelangelos Entwurf für St. Peter

Michelangelos Entwurf für St. Peter

Michelangelo

1546 im Alter von 72 Jahren wird Michelangelo alleiniger Architekt an St. Peter. Er lässt sich von Paul III. weitgehende Vollmachten zusichern und greift durch: Der Bau soll endlich weitergehen. Die vorausgegangenen Planungen samt des Holzmodells Sangallos verwirft er und kehrt, wie er sagt, zur „Wahrheit Bramantes“ zurück. Sein Plan: ein Zentralbau mit vier gleichen Kreuzarmen ohne Umgänge. Der Bau wird in Angriff genommen und ein Holzmodell für die neue Kuppel entsteht. Als Michelangelo 1564 stirbt ist der Bau bereits weit fortgeschritten, bis zum Tambour der neuen Kuppel. Sein Nachfolger Giacomo de la Porta vollendet die Kuppel 1593.

St. Peter Ostern 2009

St. Peter Ostern 2009, Foto: © Olaf Klodt

Maderno und Bernini

Der Zentralbau Michelangelos wurde später durch das heutige Langhaus erweitert. Carlo Maderno, der von 1603 bis 1629 Petersbaumeister war, vollendete Kirche und Fassade. Am 18. November 1626 wurde die neue Peterskirche von Papst Urban VIII. eingeweiht. In der Folge prägte besonders Bernini Ausstattung und Antlitz der Kirche: Über dem Ptrusgrab wurde der bronzene Baldachin errichtet, und der neue Petersplatz mit Berninis Kolonnaden entstand. Carlo Fontana schließlich versetzte den Vatikanischen Obelisken von seinem antiken Standort südlich des Neubaus auf den Petersplatz.

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